Heute will ich ihnen/euch Gerhard Biel vorstellen. Er ist 74 Jahre alt, verheiratet und hat drei Kinder. Er war lange Zeit Inhaber der Teekontors Nordfriesland. Mit 36 Jahren hat er angefangen, sich mit Tee auseinanderzusetzen: aus Büchern, Informationen von Teehändlern, Versuchen mit eigenen Teezusammensetzungen, Mischdokumentationen, Aufbau einiger Teefachgeschäfte und Reisen in die Tee- Anbauländer.
Viel Spaß beim Lesen!
Hallo Gerhard, als erstes eine persönliche Frage: Wie geht es dir als Teehändler im Ruhestand?
Ruhestand ist gut, einmal Teehändler, immer Teehändler!
Nachdem ich zweiunddreißig Jahre lang Teekontor Nordfriesland mit Einzelhandel, Großhandel und Onlineshop aufgebaut habe, hat meine Tochter die Firma von mir überschrieben bekommen und ist jetzt meine Chefin ...
Natürlich arbeite ich noch immer mit, wenn ich gebraucht werde, bei Teeverkostungen, Entwicklung und Grafikabteilung, da das Teelager mit Büro und Produktion ja gleich um die Ecke ist! Bei Personalmangel auch ab und zu in den Teefachgeschäften.
Du siehst, mit Ruhestand ist es noch nicht so ganz!
Aber wie sage ich immer, wer rastet der rostet :-)
Wie bist du zum Tee gekommen?
Über Brotbacken!
Kein Witz, nach meiner Ausbildung als Tischler und Baustoffhändler habe ich mich in jungen Jahren auch als Gastronom betätigt. Und da ich zum Backen von Laflute-Broten frisch gemahlenes Korn benötigte entstand eine Freundschaft zu einem Reformhaus, das eine Kornmühle hatte. Der Besitzer von diesem Reformhaus in Husum hatte nebenbei auch ein Teegeschäft. Aus Freundschaft half ich bei seiner Buchhaltung und dokumentierte Teemischungen. Entwickelte selbige, da die Teemischungen von meinem Freund nach dem Motto „Tee ist ein Naturprodukt jede Schaufel fällt etwas anders aus“ gemischt wurden.
Ich arbeitete mich in das Thema Tee ein, indem ich zu Hamburger Teeimporteuren Beziehungen aufbaute und alle möglichen Teeinformationen auch vom Deutschen Teebüro anforderte.
Während unserer Zusammenarbeit baute ich mehrere Teegeschäfte in verschiedenen Orten auf, wobei mir meine erlernte Tischlerlehre sehr hilfreich war.
Leider mußte mein Freund 1985 mit dem Reformhaus Konkurs anmelden und ich übernahm das Husumer Teekontor und baute, nachdem ich die Gastronomie an den Nagel gehängt hatte, Teekontor Nordfriesland weiter aus.
Welche sind deine Lieblings-Teesorten?
Ich liebe Darjeeling Tee, davon an erster Stelle den frischen jungen First Flush, den ich fast alle zwei Jahre vor Ort in Indien direkt auf den verschiedenen Plantagen verkosten durfte. Gleich nebenan das traumhafte Nepal mit seinen im Hochland wachsenden Teeplantagen, die einem Darjeeling ähnlichen Tee produzieren. Oder den kräftigeren recht malzigen Assam Tee von der Plantage Manjushri, den ich mit meinem indischen Freund auf einer unseren Assam Reisen kennenlernen durfte. Nicht zu vergessen den kräftig herben Ceylon Tee, als ich mit meiner Frau auf Sri Lanka verweilte.
Dann dem Ceylon ein wenig ähnlich, der Südindische Tee in der Nähe von Kerala im Hochgebirge an der Westküste Indiens. Dieser Tee lässt sich sehr gut für Teemischungen verwenden.
Du hattest ja auch mal eine Filiale auf Sylt. Wie war es damals im "Tee-Haifischbecken" Sylt?
Ja ich war eigentlich zwei mal auf Sylt vertreten in verschiedenen Zeitabständen. Am 01.06.1984 eröffnete ich das Sylter Teekontor mit einem Kollegen in der Andreas-Dirks-Straße, das ich am 1988 an meinen Kollegen übergab und widmete mich meinen anderen Teegeschäften auf dem Festland.
2005 übernahm ich aus der Insolvenz einer Sylter Teekontor Sparte, das Teefachgeschäft Teemanufaktur Sylt und betrieb es bis 2015 in der Friedrichstraße oben an der Nordsee.
Die Aufgabe erfolgte aus Gründen der Rentabilität, da inzwischen allein in Westerland sich acht Mitbewerber etabliert hatten.
Du hast besonders gute Kontakte nach Darjeeling. Wie ist dieser Kontakt entstanden?
Der eigentliche Indienkontakt, nicht nur bezogen auf Darjeeling, kam durch einen befreundeten Hamburger Teehändler und Importeur, der indischer Abstammung ist.
Ich bin bis jetzt im Schnitt alle zwei Jahre mit meinem Freund und seiner Familie nach Indien gereist und habe dadurch alle Teeanbaugebiete bereisen können. Natürlich auch Familienanschluss in Indien, Plantagenmanager und Tee Exporteure kennen gelernt.
Was ist typisch nordfriesisch am Tee? Und sind die Nordfriesen ein bisschen neidisch auf die Ostfriesen, weil die als Teetrinker berühmter sind?
Neidisch auf die Ostfriesen sicherlich nicht, eher anders. Während der Ostfriese überwiegend seinen starken Tee mit Kluntje und Sahnewölkchen genießt, lieben wir den Tee schlechthin ohne alles! Nicht ganz - er darf schon mal mit Rum, Kümmel oder De Geele Köm veredelt werden, dann aber auch mit Kandis.
Da wir in Nordfriesland viele Urlauber aus aller Welt zu Besuch haben, verteilen sich auch die vielen Geschmäcker.
Tee ist eigentlich nur das Produkt, was aus der Teepflanzen Sinensis und Assamika geerntet wird. Alles andere ist ein teeähnliches Erzeugnis! Schlechthin wird aber alles mit Tee bezeichnet, was mit heißem Wasser aufgegossen werden kann.
So kommen leicht über 500 „Teesorten“ bei uns im Sortiment vor, die alle irgendwie ihren Liebhaber finden.
Du hast „Ziehzeit“ immer im besonderen Maße unterstützt. Wie genau kam es dazu?
Aus der Sylter Zeit ist auch Bert Boege nicht wegzudenken, und da wir Ihn aus der Insolvenz mit „übernommen“ hatten und er uns graphisch unterstützt hatte, war es klar, ihn bei seiner „Ziehzeit“ und auch so zu unterstützen.
Wie meistert man als Teehändler die Corona-Krise?
Da wir schon seit Jahren auf drei Beinen aufgebaut sind, Einzelhandel- Versand - Großhandel, hoffen wir bis Ende Corona durchhalten zu können.
Durch die teilweise Ladenschließungen konnten wir über unseren Versandhandel www.teekontor-nf.de unsere Laufkundschaft zusätzlich weiter beliefern, oder Abholungen ermöglichen.
Leider ist der Großhandel coronabedingt, wie der Ladenumsatz, zurückgegangen. Wir versuchen auch durch arbeitsbedingte Kurzarbeit einiges aufzufangen ohne unseren langjährigen Mitarbeitern kündigen zu müssen.
Wann wird es den ersten Flugtee geben? Hast du schon Muster bekommen? Wie fällt er aus?
Die ersten Flugtees werden vielleicht im April eintreffen, auch hier hat Corona Einfluss darauf genommen. Die Qualität wird voraussichtlich dieses Jahr etwas besser als im Vorjahr ausfallen.
Die ersten Pflückungen sahen jedenfalls, was ich so an Bildmaterial bekommen habe, sehr gut aus. Leider muss ich erst die Teemuster zum Verkosten vorliegen haben um eine genaue Beurteilung abgeben zu können.
Vielen Dank für das Interview!
Ich wünsche dir alles Gute, bleib gesund und trinke weiterhin fleissig Tee …..
Bert Boege